Bestens dokumentiert

Ikonische Werke der Mumuye wiederentdeckt

Mumuye, Nigeria, El Hadj Yende Amadou

Auktion in Würzburg:
Samstag, 7. Juli 2018 ab 14 Uhr

Vorbesichtigung in Würzburg:
Mi 4. bis Fr 6. Juli von 10 bis 19 Uhr
Sa 7. Juli von 9 bis 14 Uhr

Anhand historischer Fotografien aus der Zeit vor 1969 können wir erstmals den Weg dieser Mumuye-Figuren aus Afrika in eine deutsche Privatsammlung rekonstruieren. Eine beinahe perfekte Provenienzkette!

 

Für die Sammlergemeinde der afrikanischen Kunst war die Entdeckung der Plastik der Mumuye Ende der 1960er Jahre ein wahres Erdbeben. Kunstwerke der Mumuye waren etwas in ihrer Radikalität und Reduktion noch nicht Gesehenes. Die Körperlichkeit der Plastiken, ihre Bewegung, ihre Anmut und ihre Formensprache waren etwas Neues und zugleich Bekanntes in Bezug zu moderner Kunst. Das Loslösen von der Pfahlplastik durch Bewegung und beinahe tänzerischer Spannung sowie die Überlängung faszinierte die künstlerische Seele der Sammler, die in den Arbeiten der Mumuye die perfekte Verbindung zur modernen Kunst spürten.

Als einer der ersten, und das bereits 1922/1924, erkannte dies der Künstler Henry Moore, an einem der wenigen Exemplare, das bereits im Britischen Museum ausgestellt war (INV.NO. 1922.6-10.2). Er zeichnete die Dynamik, ihre körperliche Bewegung und die damit verbundene Abstraktion, und gelangte so selbst zu einem neuen Diskurs in seinem eigenen künstlerischen Schaffen. So vermag bis heute die Kunst der Mumuye generationsübergreifend immer wieder zu begeistern. Viele Künstler nahmen - und nehmen - ganz unterbewusst die Formensprache in ihr Werk auf, und entwickelten dadurch eine Formensprache, die zu einer gesellschaftlichen Neubewertung von Plastik führte.

Wie bereits erwähnt waren die Objekte der Mumuye-Kultur bis in die 1960er Jahre relativ unbekannt auf dem europäischen und amerikanischen Kunstmarkt. Durch den Biafra Krieg (1967-1970) änderte sich dies als Objekte der Mumuye-Kultur nach Kamerun gelangten und dort von afrikanischen Händlern angeboten wurden.

Einer der wichtigen Protagonisten der damaligen Zeit war der Kameruner Händler El Hadj Yende Amadou. Dass die Mumuye-Kultur von Philippe Guimiot, Jacques Kerchache und anderen Händlern für den Kunstmarkt entdeckt wurde ist bekannt, dass aber die afrikanischen Händler, allen voran El Hadj Yende Amadou, die wahren Kenner und Entdecker dieser Kultur sind, geht bisweilen in der Rezeption des Westens unter.

 
El Hadj Yende Amadou, 1969
(Foto: Privatarchiv)

Die im Folgenden angebotene Gruppe von Mumuye-Werken, sowie zwei bei Christies angebotene Arbeiten (Christie‘s, Paris, „Arts d‘Afrique, d‘Océanie et d‘Amérique“, 10 April 2018. Lot 62 und 63) stammen aus einer norddeutschen Sammlung und wurden 1969 in Kamerun bei ihm erworben.

 

 

   
Werbemittel anno 1968/1969: Angebotsfotos des Kameruner Händlers El Hadj Yende Amadou, die er weltweit an seine Kunden verschickte. Sechs dieser Arbeiten (vier davon sind hier zu sehen) finden sich bis heute in einer deutschen Privatsammlung, und gehören zur Auktionsofferte.
(Fotos: El Hadji Yende Amadou, vor 1969, heute Privatarchiv)

Zahlreiche Angebotsfotos, die er bereits damals weltweit an seine Kunden verschickte, zeugen von seinem breiten Netzwerk im Handel.
Wir können nur vermuten, dass El Hadj Yende Amadou in Nigeria die Arbeiten von verschiedenen Gruppen der Mumuye erwarb und gerade ihren künstlerischen Ausdruck und ihre Bedeutung als exklusive „Handelsware“ erspürte.

Auch ein zentrales Werk der Kaka (Yamba/Mben)-Kultur aus Kamerun, eine Helmmaske, die sich heute in der Sammlung von Javier Peres [Berlin] befindet, wurde Anfang der 1970er Jahre von Dr. Karl Ferdinand Schädler bei El Hadj Yende Amadou erworben. Diese Arbeit war in der prägenden Ausstellung „Die Kunst eines Kontinents“[1] vertreten. El Hadj Yende Amadou erkannte auch hier als einer der Ersten die Bedeutung der Kaka-Kunstwerke für den westlichen Kunstmarkt.

Wie Hermine Waterfield beschrieb war die Nachfrage nach Mumuye-Figuren so groß, dass es ab Mitte der 1970er Jahre eine große Welle an Fälschungen gab[2]. Die Angebotsfotos von El Hadj Yende Amadou datieren allerdings in die Zeit deutlich davor (1968/69), und geben zweifelsfrei einen guten Überblick über das vorhandene Angebot an alten, authentischen Figuren.

Noch etwas früher, 1965-1966, organisierte die dänische Ethnologin Mette Bovin die erste Ausstellung über Kunst der Mumuye in Oslo. Den Hype um Mumuye-Figuren überhaupt entfachte aber die Galerie Majestic in Paris 1968 mit ihrer Ausstellung zur Mumuye-Kunst.

Die hier angebotenen Arbeiten befinden sich seit 1969 in der norddeutschen Sammlung, und konnten bis heute keinen Eingang in die Literatur finden. Erstmals können wir nun die Herkunft dieser ikonischen Werke rekonstruieren, was sie - besonders im Hinblick auf ihre Dokumentation - zu wahren Entdeckungen für den Kunstmarkt macht.

 

Anmerkungen:
[1] „Africa: The Art of a Continent“, Phillips (Tom), editor, Munich/ New York: Prestel, 1995:348, #5.5
[2] https://www.imodara.com/magazine/tits-and-pricks/